Militärregierung – Deutschland
Amerikanische Zone

Proklamation Nr. 2

vom 19. September 1945

geändert durch
die Proklamation Nr. 4 vom 1. März 1947 (Reg.Bl. Militärreg. Württ.-Baden. S. 30)

An das Deutsche Volk in der Amerikanischen Zone:

Ich, General Dwight D. Eisenhower, Oberster Befehlshaber der Amerikanischen Streitkräfte in Europa, erlasse hiermit folgende Proklamation:

Artikel I. Innerhalb der Amerikanischen Besatzungszone werden hiermit Verwaltungsgebiete gebildet, die von jetzt ab als Staaten bezeichnet werden; jeder Staat wird eine Staatsregierung haben. Die folgenden Staaten werden gebildet:

GROSS HESSEN: umfaßt Kurhessen und Nassau (ausschließlich der zugehörigen Exklaven und der Kreise Oberwesterwald, Unterwesterwald, Unterlahn und Sankt Goarshausen) und Hessen-Starkenburg, Oberhessen und den östlich des Rheines gelegenen Teil von Rheinhessen;

WÜRTTEMBERG-BADEN: umfaßt die Kreise Aalen, Backnang, Böblingen, Crailsheim, Eßlingen, Gmünd, Göppingen, Hall, Heidenheim, Heilbronn, Künzelsau, Leonberg, Ludwigsburg, Mergentheim, Nürtingen nördlich der Autobahn, Öhringen, Stuttgart, Ulm, Vaihingen, Waiblingen, den Landeskommissärbezirk Mannheim und die Kreise Bruchsal, Karlsruhe, Stadt und Land und Pforzheim Stadt und Land;

BAYERN: umfaßt ganz Bayern, wie es 1933 bestand, ausschließlich des Kreises Lindau.

die von Hessen fortgefallenen Kreise Oberwesterwald, Unterwesterwald, Unterlahn und St. Goarshausen sowie Rheinhessen westlich des Rheins kamen zur französischen Besatzungszone und bildeten seit dem 23. August 1946 einen Teil des Landes Rheinland-Pfalz. „Vergessen“ wurde auch die Gemeinde Wimpfen, die zum hessischen Kreis Heppenheim (zu Hessen-Starkenburg gehörig) gehörte, aber seit 1945 faktisch von Württemberg-Baden regiert wurde.

bei der Errichtung von Bayern nach dieser Proklamation wurde „vergessen“, dass auch die Pfalz (als „Bayern links des Rheins“) 1933 zu Bayern gehörte, jedoch durch die Besatzungszonengrenzen zur französischen Besatzungszone gehörte und somit staatsrechtlich nicht mehr zu Bayern gezählt wurde; bereits seit 1940 gehörte die Pfalz nicht mehr zum Zuständigkeitsbereich des Reichsstatthalters von Bayern sondern zum Reichskommissar für die Saarpfalz, ab 1941 zum Reichsstatthalter der Westmark. Der Kreis Lindau gehörte bis 1955 zur französischen Besatzungszone (als Landbrücke zur französischen Besatzungszone in Österreich).

Artikel II. Soweit das deutsche Recht, das zur Zeit der Besetzung in Kraft war, nicht durch die Militärregierung oder den Kontrollrat für Deutschland aufgehoben, zeitweilig außer Kraft gesetzt oder abgeändert worden ist, bleibt es in jedem Staatsgebiete der Amerikanischen Besetzungszone anwendbar, bis es durch neue Gesetzgebung des Kontrollrates für Deutschland oder der Militärregierung oder der hierdurch gebildeten Staaten oder eines anderen zuständigen Organs aufgehoben oder außer Kraft gesetzt worden ist.

Artikel III. 1. Jeder der hierdurch gebildeten Staaten hat unter Vorbehalt der übergeordneten Machtbefugnis der Militärregierung volle gesetzgebende, richterliche und vollziehende Gewalt, soweit deren Ausübung nicht mit früher und zukünftig getroffenen Maßnahmen des Kontrollrates für Deutschland oder einer von diesem errichteten zentralen deutschen Behörde im Widerspruch steht.

2. Bis zu diesem Zeitpunkt, an dem die Schaffung demokratischer Einrichtungen möglich sein wird, genügt es für die Gültigkeit staatlicher Gesetzgebung, daß sie von dem Ministerpräsidenten genehmigt und verkündet wird.

durch die Proklamation Nr. 4 vom 1. März 1947 wurde der Artikel III faktisch größtenteils aufgehoben.

zu Ministerpräsidenten wurden ernannt:
– in Groß-Hessen: am 17. Oktober 1945 Dr. Karl Geiler (bis zur Bildung einer verfassungsmäßigen Regierung am 3. Januar 1947).
– in Württemberg-Baden: am 24. September 1945: Dr. Reinhold Maier (bis zur Bildung einer verfassungsmäßigen Regierung am 25. November 1946).
– in Bayern: vom Mai 1945 bis 30. September 1945 Dr. Fritz Schäffer, danach ab 24. Oktober 1945 Dr. Wilhelm Hoegner (bis zur Bildung einer verfassungsmäßigen Regierung am 21. Dezember 1946).

Artikel IV. Die Befugnis zur Gesetzgebung und zur Ausübung anderer Regierungsgewalten durch Regierungspräsidenten, Landräte, Bürgermeister und andere Beamte örtlicher Verwaltungen wird in dem folgenden Umfange anerkannt:
Diese Befugnisse stehen den vorgenannten Beamten nach Maßgabe des deutschen Rechts zu, wie es zur Zeit der Besetzung in Kraft war und wie es zur gegebenen Zeit durch den Kontrollrat für Deutschland oder durch die Militärregierung oder mit deren Genehmigung abgeändert worden ist oder abgeändert wird. Außerdem haben sie die Befugnisse, die notwendig oder angemessen sind, um die Aufgaben, deren Erledigung ihnen von der Militärregierung übertragen wird, zu erfüllen.

durch die Proklamation Nr. 4 vom 1. März 1947 wurde der Artikel IV faktisch aufgehoben.

Datum: 19. September 1945

Dwight D. Eisenhower
General of the Army, U.S.A.,
Oberster Befehlshaber der Amerikanischen Streitkräfte in Europa